Worum geht es?
Die Bürger-Energie-Genossenschaft Bad Lippspringe Schlangen eG (BEG) hat 70% Anteil an einem Windrad der noch ganz jungen, erst im März 2024 gegründeten Bürgerwind Beke GmbH & Co. KG. Die Genossenschaft bietet Bürgern Beteiligungen hieran an, was wiederum das betreffende Windrad zu einem „Bürgerwindrad“ macht. Es sei angemerkt, dass das Wort „Bürger“ in diesem Begriff in keinster Weise den Schluss zulässt, dieses Windrad sei jemals von den Bürgern Marienlohs in nur 1000m Entfernung hinter ihren Häusern gewollt oder sogar gewünscht gewesen!
Welchem Ziel soll die Beteiligung der Bürger dienen?
Die BEG sagt: „Uns ist es wichtig, die Akzeptanz der Bevölkerung für den weiteren Ausbau der Windenergie zu erhöhen“. Das scheint das vorrangige Ziel zu sein. Man macht sich also die Mühe, für die Windkraft-Ausbauziele der Politik den Weg innerhalb der Landbevölkerung zu ebnen. Das ganze völlig unentgeltlich und ehrenamtlich, wie immer wieder betont wird – gibt es keine Absicht der BEG, selbst Gewinne zu machen? Im selben Satz wird dann auch sofort angekündigt, dass es einen weiteren Ausbau der Windenergie geben wird. Man möchte also nachträgliche Akzeptanz für die bereits zahlreich vorhandenen und ebenso für alle zukünftigen Windräder erkaufen, das alles mit 70% eines einzigen Windrades geteilt durch tausende Kaufberechtigte. Das ist im Grundsatz falsch gedacht, denn man kann die zerstörte Natur und Lebensqualität der nahen Anwohner nicht mit Geld ausgleichen.
Wer soll profitieren?
Die BEG trifft hierzu die Aussage, dass man diejenigen Bürger beteiligen möchte, die auf das Windrad gucken müssen (sinngemäß mündlich). Im Klartext war die Rede von Bürgern aus Marienloh, Benhausen, Neuenbeken, Bad Lippspringe und Schlangen, die Anteile kaufen könnten. Hier sind also sehr viele Menschen eingeschlossen, die eben genau nicht direkt auf die Windräder gucken müssen, selbst schon in Marienloh Mitte und West. Aber egal, wer die Natur rund um sein Dorf liebt, ist natürlich auf jeden Fall mit betroffen. Wer Geld liebt, wird darüber hinwegsehen.
Wie sind die Konditionen? Wie interessant ist das Angebot?
Angeboten wird eine Unternehmensbeteiligung, die nach 2 Jahren ohne Ausschüttung eine Dividende von ca. 5% p.a. abwerfen soll. Der Anleger bindet sich mindestens 5 Jahre und kann 1-50 Anteile je 1.000,- Euro kaufen. Es gibt eine Reihe von Risiken, die beginnt mit „Abweichungen von Prognosen“ über „Höhere Betriebskosten“ bis hin zur „Insolvenz“. Es heißt weiterhin wörtlich: „Bei dem Beitritt zur Genossenschaft handelt es sich um eine unternehmerische Beteiligung. Eine ungünstige Entwicklung kann im Zweifel bis zum Totalverlust des Geschäftsguthabens führen“.
Sollte man dieses Angebot hinsichtlich des Gewinn-Risiko-Verhältnisses als lukrativ bewerten?
Findet man die prognostizierten ca.5% jährliche Gewinnerwartungen schon interessant, oder hofft man still und heimlich auf wesentlich mehr, da man ja weiß, dass mit der Windkraft grundsätzlich viel Geld zu verdienen ist? Worauf sich viele stürzen, Druck machen und sogar klagen, das muss ja interessant sein...
Oder will man sich etwa doch nur „aktiv für eine nachhaltige und dezentrale Energieversorgung einsetzen“ (Zitat BEG)?
Glaubt man ganz einfach nicht an einen Totalverlust, weil es ja um Erneuerbare Energien geht, die staatlich subventioniert und politisch gewollt sind?
Wie sieht der Vergleich mit anderen Anlageformen ähnlichen Risikos aus? Im Wertpapierbereich gibt es die Risikoklassen 1-7 (SRRI), auf die bei jeder Bankberatung hingewiesen wird – wo wäre die Anlage bei der BEG einzuordnen?
„Schon mit einer Investition von 1.000 Euro kann man Teil der BEG werden.“ sagt der Ortsvorsteher von Marienloh und Aufsichtsrat der BEG, Herr Matthias Dülme, in der Presse. Für den einen vielleicht ein Griff in die Kaffeekasse, für Rentner und Kleinverdiener immerhin schon viel Geld, das sie locker machen müssen und lange einfrieren. Bringen wird der Einsatz von 1.000 Euro jedoch nur ein Taschengeld ca. 50,-Euro pro Jahr - etwas mehr Effekt kommt dabei heraus, wenn man weitaus größere Summen einsetzen kann. Wer hat die schon?
Fazit
Statt die wirklich Betroffenen im nahen Umfeld des „Bürgerwindrades“ ganz direkt und ohne Einsatz eigenen Vermögens zu entschädigen, gibt man sehr vielen Bürgern in bis zu 7km Entfernung (Schlangen) die Chance auf eine Geldanlage. Die geplante jährliche Dividende von 5% bleibt weit hinter den Gewinnen zurück, die man aufgrund der EEG-Garantien von einer Windkraftanlage der 6MW-Klasse erwarten kann. Dazu noch das Risiko des Totalverlustes und unsichere Dividenden, wie die BEG selbst zugibt. Es wurde in der Online Veranstaltung offen gesagt, dass es „glorreiche Zeiten für die Windkraft wären, weil sie politisch gewollt ist“. Wie man weiß und bei der Europawahl aktuell gesehen hat, kann der Wähler sich sehr plötzlich anders entscheiden und damit der Kurs der Politik um 360°-Baerbock = 180° gedreht werden. Eines ist sicher: der Staatshaushalt wird sich schon sehr bald die stetig steigenden Ausgaben für den EEG-Zuschuss nicht mehr leisten können, für 2024 sind fast 20 Milliarden Euro prognostiziert. Durch die weiter drastisch ansteigende Zahl an Windrädern und auch PV-Anlagen, damit steigenden Überangeboten an Energie bei genau dadurch gleichzeitig fallenden Börsenpreisen wird diese Summe eine wachsende Tendenz haben.
12.06.24 P.S.: wegen mehrmaliger Nachfrage
Nein, ich persönlich werde aus oben genannten und einigen weiteren Gründen keine Anteile kaufen und habe nach etlichen Gesprächen den Eindruck, damit nicht allein zu sein !
Ich akzeptiere auch nicht für Geld (egal wie viel), dass man mit der Windkraft in diesem Großformat und so nahe an den Wohnsiedlungen die Menschen durch Lärm, Licht, Schattenschlag und den erdrückenden Anblick unangemessen stark belastet.
Des einen Leid, des anderen Freud?
In einer Dorfgemeinschaft, in der immer "Gemeinschaft" und "Zusammenhalt" gepriesen wird?
Ralf-Peter Fietz
Für Rückfragen, wie immer gern:
ralf-peter [at] fietz-pb.de